Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative

Die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative ist ein Zusammenschluss von über 20 Städten und Landkreisen und zahlreichen weiteren Akteuren. Sie steht für Konzept und Praxis Kommunaler Koordinierung bei der Gestaltung der Übergänge Schule – Arbeitswelt „vor Ort“.  Die Arbeitsgemeinschaft sieht für sich zwei zentrale, miteinander eng verbundene Aufgaben: sich „anwaltschaftlich“ für die Anerkennung von Kommunaler Koordinierung und gute und förderliche Rahmenbedingungen einzusetzen, und die fortlaufende Verbesserung der lokalen Praxis zu unterstützen.

Login

Bericht 1. Quartal 2015

Herten, 03.03.2015

Haus der Berufsvorbereitung
Fünf Durchgänge erfolgreich abgeschlossen.

570 Stunden ihrer Freizeit investierten im letzten Jahr zehn Jugendliche aus Herten um sich für eine spätere Berufsausbildung fit zu machen. Die Haupt-, Real- und Gesamtschüler nahmen erfolgreich  an dem einjährigen Qualifizierungsprojekt „Haus der Berufsvorbereitung“ teil.  Ziel des Projektes ist es  jugendlichen Schülerinnen und Schülern nach Abschluss der zehnten Klasse erfolgreich in die Ausbildung zu begleiten. Die Teilnahme der Jugendlichen ist freiwillig.

Während eines Durchgangs werden die Jugendlichen in Kleingruppen hinsichtlich ihrer beruflichen Erwartungen qualifiziert.  Parallel dazu erfolgt eine ständige sozialpädagogische Begleitung durch die Hertener Jugendberufshilfe. Nachhilfe in Deutsch, Mathematik und ein Knigge-Kurs gehören ebenso zum Trainingsprogramm wie Praktika in mehreren beruflichen Sparten: im Pflegebereich, im Dienstleistungsbereich, im IT-Bereich sowie im handwerklich industriellen Bereich. Durchhaltevermögen und die Bereitschaft sich mit den beruflichen Anforderungen auseinanderzusetzen stehen für die jungen Leute ganz oben auf dem Stundenplan.

Gestartet wurde das Projekt im Jahr 2010 innerhalb des aus Mitteln des Bundes und europäischen Sozialfonds geförderten Programms „Lernen vor Ort”. Mittlerweile konnten fünf Durchgänge durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen werden. Insgesamt haben dabei rund einhundert junge Leute das Angebot vom Haus der Berufsvorbereitung in Anspruch genommen. 

Neben einem erfolgreichen Einstieg in die Arbeitswelt durch den Beginn einer Lehre im dualen Ausbildungssystem hat ein Teil  der Absolventen im Anschluss an das Qualifizierungsprogramm den Besuch einer Kollegschule zur Erlangung eines höheren Schulabschlusses oder ein Berufsgrundschuljahr gewählt. 

Nach Abschluss des letzten Durchgangs im Haus der Berufsvorbereitung gratulierten die Leiterin der Hertener Beschäftigungsförderung Frau Delia Temmler und Herr Jörg Stein von der Jugendberufshilfe den zehn erfolgreichen Teilnehmern in einer kleinen Feierstunde.  

Der „Joker” hilft

Emine Das hat mit der Hertener Jugendberufshilfe einen Ausbildungsplatz gefunden 

Kein Ass im Ärmel, aber einen Joker in der Hinterhand: Bei der Jugendberufshilfe „Joker” der Stadt Herten haben Jugendliche die Chance, sich ohne Druck beraten zu lassen. Auszubildende Emine Das kam in der neunten Klasse mit der Jugendberufshilfe in Kontakt - für ihre Zukunft hatte sie wenig Hoffnung. Mittlerweile ist sie im dritten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Altenpflegerin im St. Elisabeth Pflegezentrum und berichtet gemeinsam mit Ausbildungsleiterin Andrea Theßeling darüber.  

Emine, welche beruflichen Vorstellungen hattest du zum Ende deiner Schulzeit?Emine Das: „Ich hatte erst keine bestimmten Vorstellungen, weil ich meinen Abschluss nach der neunten Klasse nicht geschafft hatte. Dann bin ich an die Theodor-Heuss-Schule gewechselt, um den Abschluss nachzuholen. Ich habe gedacht, vielleicht werde ich Lageristin oder Bäckereifachverkäuferin. Oder ich mache einen 400-Euro-Job. Ich habe immer geglaubt, dass ich eine Ausbildung nicht schaffen würde.”

Wann und wo hattest du das erste Mal Kontakt zum Joker und wie kam der Kontakt zustande?
Emine Das: „In der neunten Klasse wurde mir der Kontakt zum Joker empfohlen. Kurz danach habe ich das erste Mal mit Herrn Stein telefoniert. Erst habe ich gedacht, so ein Beratungsangebot wäre nichts für mich, aber dann haben wir uns an der Schule persönlich getroffen. Herr Stein gab mir gute Ideen und Tipps und hat mir geraten, den Realschulabschluss nachzuholen. Das habe ich dann auch gemacht.”

Frau Theßeling, wie kamen Sie als Leiterin des St. Elisabeth Pflegezentrums in Kontakt mit Emine?
Andrea Theßeling: „Über die Jugendberufshilfe Joker. Darüber haben wir schon früher Praktika für andere junge Menschen ermöglicht. Dann kam die Anfrage von Emine. Sie interessierte sich für den Beruf und brachte den passenden Abschluss mit. Wir haben ausgemacht, dass Emine erstmal ein sogenanntes Eignungspraktikum bei uns machen kann.”

Wie hilfreich ist die Unterstützung durch die Jugendberufshilfe für Sie?
Andrea Theßeling: „Es gibt eine gute, bewährte und langjährige Zusammenarbeit mit der Jugendberufshilfe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort müssen die Anforderungen an verschiedene Berufe kennen und wissen, welche Kompetenzen bei Jugendlichen dafür wichtig sind. Emine zum Beispiel ist sehr zugewandt und arbeitet gern mit Menschen. Sie kann Nähe zulassen und Beziehungen aufbauen. Das spricht für gewisse Kompetenzen, die für unseren Beruf wichtig sind. Altenhilfe ist Arbeit mit Menschen und das liegt nicht jedem. Deswegen bieten wir das Eignungspraktikum an. Denn ohne zu wissen, was im Beruf auf einen zukommt und ohne zu wissen, dass auch intime und menschennahe Arbeit dazugehört, würden wir keine Ausbildung vereinbaren. Wir wollen von den jungen Menschen erfahren ‚Ja, das ist was für mich!“

Warum hast du dich für die Altenpflege entschieden und warum für das St. Elisabeth Pflegezentrum?
Emine Das: „Ich hatte eine Ausbildung als Heilerziehungspflegerin angefangen, die ich dann aber wegen Problemen mit dem Bafög abgebrochen habe. Die Pflege hat mich aber schon immer interessiert. Herr Stein hat mir dann empfohlen, ein Praktikum im St. Elisabeth Pflegezentrum zu machen. Dort habe ich schnell gemerkt, dass es passt.“

Was wäre für dich ohne Joker anders gelaufen?
Emine Das: „Ich glaube, ich würde einen 400-Euro-Job machen oder wäre vielleicht sogar arbeitslos.“

Warum war die Unterstützung für dich wichtig?
Emine Das: „Wenn es das Angebot nicht gegeben hätte, dann hätte ich meinen Abschluss nach der neunten Klasse nicht geschafft. Die Leute vom Joker haben mich immer motiviert, obwohl es am Anfang schon schwierig war, weil ich wenig Hoffnung hatte. Mir war die Unterstützung aber immer wichtig: Ich wollte einen guten Job und eine gute Zukunft haben.“

Wie stellst du dir deine Zukunft nach der Ausbildung vor?
Emine Das: „Sehr gut (lacht). Ehrlich. Im Moment bereitet mir die Schule ein wenig Probleme aber praktisch läuft alles gut. Ich werde keine Problem haben, in diesem Bereich zu arbeiten.“

Frau Theßeling, welche Zukunftschancen bestehen aus Ihrer Sicht für Emine in der Altenpflege?
Andrea Theßeling:„ Die Zukunftschancen sind außerordentlich gut. Wir sind ja eine alternde Gesellschaft. In zwanzig bis dreißig Jahren haben wir dreißig bis vierzig Prozent mehr Menschen, die über siebzig Jahre alt sind und auch vielleicht pflegebedürftig werden. Man wird in der Altenhilfe also eher nicht arbeitslos. Für Altenpflegerinnen und Altenpfleger gibt es je nach Lebensphase auch verschiedene Möglichkeiten, den Beruf an das Leben anzupassen. Teilzeit oder Schichtdienst sind immer möglich.

Emine, was würdest du anderen Jugendlichen raten, die Schwierigkeiten in der Schule oder bei der Berufsfindung haben?
Emine Das: „Ich würde ihnen raten, auf jeden Fall mal beim Joker vorbeizukommen. Hier macht einem niemand Druck und man wird auch nicht herabgesetzt. Man wird motiviert und bekommt Hoffnung. Manchmal muss man erkennen, dass man Hilfe braucht.”

Welche Empfehlungen würden Sie interessierten jungen Menschen mit auf den Weg geben?
Andrea Theßeling: „Ich wünsche mir, dass junge Menschen erkennen, wie wichtig Entscheidungen sind, die man mit vierzehn oder fünfzehn Jahren trifft. Als Emine sich mithilfe der Jugendberufshilfe entschieden hatte ihren Realschulabschluss zu machen, war das die Wende. Denn ein bestimmter Schulabschluss ist wirklich wichtig, um die Ausbildung zu schaffen. Es reicht nicht, nur ehrgeizig und fleißig zu sein, man braucht auch ein Grundwissen. Gerade am Anfang stürmte alles auf dich ein. Fachbegriffe, Fächer wie Physik, Anatomie oder Physiologie. Wer erkennt, welche Tragweite eine Entscheidung haben kann, wird vielleicht auch in der Schule etwas fleißiger. Bei Emine sieht man aber, dass man auch über Umwege ans Ziel gelangen kann.”

Hintergrundinformationen zu „Joker”
Die Jugendberufshilfe „Joker” der Stadt Herten berät junge Hertenerinnen und Hertener zwischen 15 und 27 Jahren zu den Themen Ausbildung und Arbeit, schulische oder berufliche Situation, Probleme im Elternhaus und bei Fragen zu Drogenmissbrauch, Schulden oder Wohnungsnot.
Auch Eltern können sich bei Fragen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „Joker” wenden.
Das Team besteht aus Christine Schröder, David Röttger und Jörg Stein. Sie sind im Jugendzentrum Nord, Beethovenstraße 1, telefonisch unter (0 23 66) 303 195 oder -196 oder per E-Mail unter joker@herten.de erreichbar.

Hintergrundinformationen zur Altenpflege
Im St. Elisabeth Pflegezentrum gibt es insgesamt sechs Plätze für Altenpflege-Auszubildende. Jährlich werden zwei Plätze vergeben. Die Ausbildung startet immer am 1. Oktober.
Jugendliche, die sich für eine Ausbildung zur Altenpflegerin oder Altenpfleger interessieren, sollten ihre Bewerbung möglichst 6 bis 12 Monate im Voraus einreichen. Das St. Elisabeth Pflegezentrum hat 2 bis 3 Plätze für Bundesfreiwilligendienstler oder Jahrespraktikanten frei. Weitere Informationen zu dem Ausbildungsberuf gibt die Heim- und Pflegedienstleiterin Andrea Theßeling telefonisch unter (0 23 66) 5644.

Haus der Berufsvorbereitung: Zertifikatsübergabe 2015

Emine Das mit der 84-jährigen Bewohnerin Anna Horneberg im Hertener St. Elisabeth-Pflegezentrum.