Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative

Die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative ist ein Zusammenschluss von über 20 Städten und Landkreisen und zahlreichen weiteren Akteuren. Sie steht für Konzept und Praxis Kommunaler Koordinierung bei der Gestaltung der Übergänge Schule – Arbeitswelt „vor Ort“.  Die Arbeitsgemeinschaft sieht für sich zwei zentrale, miteinander eng verbundene Aufgaben: sich „anwaltschaftlich“ für die Anerkennung von Kommunaler Koordinierung und gute und förderliche Rahmenbedingungen einzusetzen, und die fortlaufende Verbesserung der lokalen Praxis zu unterstützen.

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Niemanden zurücklassen

Dr. Dieter Salomon, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg (Breisgau), 28.02.2013

Grußwort Dr. Dieter Salomon – Oberbürgermeister der Stadt Freiburg (Breisgau)

Sehr geehrter Oberbürgermeister Bernhard, sehr geehrter Oberbürgermeister Skora,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich darf Sie sehr herzlich im Namen der Stadt und der Bürgerschaft hier in Freiburg begrüßen zur Jahrestagung der „Weinheimer Initiative“. Seit 2007 setzt sich das kommunale Netzwerk für gute Konzepte und eine kommunale Koordinierung bei der Gestaltung der Übergänge von der Schule in die Arbeitswelt ein.

Ausgangspunkt war das Engagement vom Kollegen Bernhard, dem das Thema gelingender Bildungsbiografien sehr am Herzen lag. Und hier sprechen wir über die Verantwortung der Kommunen, die am besten die Akteure vor Ort zusammenführen und kommunale Strategien entwickeln können. Lieber Heiner, vielen Dank für deine Arbeit und dein Engagement. Ich hielt es für eine sehr gute Idee, als du vor gut einem Jahr bei unserem Zusammentreffen beim Städtetag die Idee entwickelt hast, mit der Jahrestagung nach Freiburg zu kommen. Schließlich ist die Stadt Freiburg seit zwei Jahren auch Mitglied in dem Städtenetzwerk. Wir möchten Ihnen gerne gute Gastgeber sein und ich hoffe, dass Sie neben den fachlichen Anregungen bei Workshops und Foren auch noch gute Erinnerungen an Freiburg mit nach Hause nehmen.

Meine Damen und Herren, kaum ein anderer Sektor hat sich in den vergangenen Jahren wohl so verändert, wie die Bildungspolitik insgesamt, also auch der Bildungssektor, den die Kommunen mit verantworten und voran bringen wollen. Ich nenne hier nur die Stichworte Ganztagesschule, Gemeinschaftsschule, frühkindliche Bildung, Öffnung der Schulen mit anderen Partnern, mehr Autonomie und Entscheidungsfreiheit der Schulen. Wir sprechen auch über die Verantwortung der Kommunen als Schulträger für gute Schulhäuser und gute Schulausstattungen und über unsere Verantwortung für inhaltliche Konzepte. Gerade kürzlich, bei der Wiederwahl unserer Schulbürgermeisterin Gerda Stuchlik, ist mir beim Rückblick auf die letzten acht Jahre ihrer Amtszeit wieder bewusst geworden, welche Veränderungen sich im Bildungssektor getan haben. Und weil Bildung eines der Schlüsselthemen unserer Gesellschaft geworden ist, bin ich froh, dass ich diesen Fachbereich bei Bürgermeisterin Gerda Stuchlik in sehr guten Händen weiß. Frau Stuchlik wird dankenswerter Weise morgen die Einführung und die Gesprächsleitung zum Thema „Übergangsgestaltung und Bildungskoordinierung vor Ort“ übernehmen, wenn Marion v. Wartenberg, die neue Staatssekretärin im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden – Württemberg bei uns sein wird.

In unserer Freiburger Schulverwaltung spielt die bildungsbiografische Orientierung eine zentrale Rolle. Die Bildungsregion Freiburg ist 2006 im Rahmen des Landesprogramms als feste Einrichtung gestartet und wird aus dem städtischen Haushalt mitfinanziert. Erst letzte Woche hat unser Gemeinderat für die nächsten zwei Jahre 480 000 Euro zur Weiterentwicklung der Bildungsregion genehmigt . Das Regionale Bildungsbüro begleitet aktiv 70 Schulen in der Region. In diesem Zusammenhang nenne ich auch die Initiative LEIF „Lernen erleben in Freiburg“. Freiburg gehört zu den 40 Kreisen und kreisfreien Städten, die in das Programm „Lernen vor Ort“ aufgenommen sind. Wie Sie alle wissen - denn Sie sind ja hier als Experten und dementsprechend alle vom Fach - nehmen die Kommunen damit das lebenslange Lernen in den Fokus. Wir wollen durch ein kohärentes Bildungsmanagement die Strukturen und Aktivitäten im Bildungsbereich systematisch und besser einander abstimmen.

Wir haben in diesem Zusammenhang ein Bildungsmonitoring eingeführt, bei dem der Freiburger Bildungsbericht eine zentrale Rolle spielt: Alle drei Jahre bietet er uns eine wichtige aktuelle Bestandsanalyse im Hinblick auf gelingende Bildung in Freiburg und ermöglicht so nächste Handlungsschritte. Und wir sind stetig dabei, verschiedene Aktivitäten, Akteure und Netzwerke zu bündeln wie zum Beispiel z.B. die Netzwerke berufliche Bildung, kulturelle Bildung, Bildung und Migration sowie Netzwerke mit außerschulischen Partnern.

Ich möchte hier nicht zu sehr ins Detail gehen. Aber ein Instrument unseres LEIF-Projekts möchte ich doch sehr gerne erwähnen, denn es passt sehr gut zum Ansatz und den Zielen der Weinheimer Initiative: Es ist die Freiburger Lupe, die als Instrument der Bildungsberatung inzwischen in andere Kommunen quasi „exportiert“ wird. Es geht es in sogenannten Lupengesprächen um individuelle, passgenaue Lösungswege, die für Menschen in bildungsbiografischen Übergangssituationen gefunden und umgesetzt werden. Es geht um einen Schritt innerhalb der Bildungsbiografie eines jungen Menschen, der auch eine Lebensentscheidung beinhalten kann. Ob der junge Mensch gleich auf Anhieb seinen „Traumjob“ gefunden hat, wage ich zu bezweifeln bzw. steht auf einem anderen Blatt. Wichtig ist doch, dass der Jugendliche bei solch einer Weichenstellung fachliche und menschliche Unterstützung findet, wenn es um den weiteren Weg in den Beruf geht und damit natürlich auch um einen Schritt in Richtung Erwachsenwerden.

Ich glaube, dass es richtig ist und es sich lohnt, genau dieser Lebensphase so viel Aufmerksamkeit zu widmen, denn - und das beantwortet auch gleichzeitig die Frage, warum wir Kommunen uns hier so engagieren: Der Jugendliche, der zwischen Schule, Ausbildung und Beruf den Faden verliert und in Sonderschleifen oder mit Extra-Programmen versorgt werden muss, verliert Zeit und verspielt Chancen. Diese Jugendlichen ohne Schulabschluss kommen meistens eh schon aus instabilen oder bildungsfernen Familien- und Lebensverhältnissen, das Thema Migrationshintergrund spielt da nach wie vor eine bedeutende Rolle. Was aber - von den Kosten mal abgesehen - noch schwerer wiegt: Dieser junge Mensch wird es danach zunehmend schwerer haben, wieder ins reguläre System zurückzufinden oder auf dem ersten Arbeitsmarkt integriert zu werden. Es geht also darum, die beruflichen Zukunftsaussichten von Jugendlichen zu verbessern. Für Freiburg lässt sich festhalten, dass dieses berufliche Übergangssystem eine Chance darstellt, passgenaue Angebote für die Jugendlichen zu entwickeln. Es verlangt dem an der ersten Schwelle gescheiterten Jugendlichen jedoch auch ein hohes Maß an Selbstregulation ab, um die eigenen Stärken und Schwächen genau zu analysieren und eine Maßnahme zu wählen, die sich nicht als Sackgasse sondern als tatsächliche Option zur Chancenverbesserung erweist.

In jedem Fall erfreulich ist die Tatsache, dass Freiburg mit 1,8 Prozent die bundesweit niedrigste Jugendarbeitslosenquote aller deutschen Großstädte aufweist. Ich weiß, davon können andere Städte nur träumen. Die Zahlen sind für uns Ansporn, den Weg bei der Bildungsberatung konsequent weiter zu gehen. Diese Zahl für den Stadtkreis ist auch ein Ergebnis unserer engen Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit im „Bündnis Jugend und Beruf“. Wir arbeiten hier gemeinsam an einem Ziel: Dass kein Jugendlicher verloren geht, sondern jeder junge Mensch bei uns eine gute Chance auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz hat.

Kontinuität und Verantwortung sind demnach die Schlüsselbegriffe in der zur Diskussion stehenden „Freiburger Erklärung“. Nach den Positionspapieren von Weinheim, Dortmund, Nürnberg, Hoyerswerda und Kiel gehen wir nun einen Schritt weiter im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft „Weinheimer Initiative“ und schlagen vor, der kommunalen Koordinierung durch landesgesetzliche Regelungen Stabilität und Dauerhaftigkeit zu geben. Ich hoffe, dass dafür der Besuch der Staatssekretärin Marion von Wartenberg morgen ein gutes Zeichen ist. In Freiburg können wir - was gelingende Bildungsbiografien angeht - auch kein Patentrezept liefern, denn jede Stadt hat ihre eigenen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen und muss ihren eigenen Weg finden. Aber Freiburg will gerne Anregungen geben aber auch von anderen Kommunen lernen!